Mülldeponien

Kunststoffe als Schutzschild im Einsatz gegen Umweltverschmutzung am Beispiel von Deponiefolien

Prof. Dr. Thomas Burkhart

Es geht um Müll, also um Abfall – und wie du dir vorstellen kannst – um viel Abfall!
Das Problem: Die Mengen an Abfall steigen von Jahr zu Jahr!
Und die Menge an Abfall wird – es sei denn die Welt unternimmt drastische politische Maßnahmen – definitiv nicht abnehmen, sondern der „Müllberg“ wächst und wächst und wächst.

Geschuldet ist dieser Sachverhalt u.a. der wachsenden Erdbevölkerung.
Diese liegt aktuell bei 7.998.148.043 Milliarden Menschen (Stichtag ist der 04.07.2022/19:26 Uhr MEZ) (https://countrymeters.info/de/World). Alleine in den 10 Minuten in denen Du den Artikel liest, nimmt die Bevölkerung um 1827 Menschen zu (Geburten minus Sterberate).
Laut Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbevölkerung) lag die Weltbevölkerung im Jahre 1960 bei 3 Milliarden Menschen. D.h. in den letzten 50 Jahren hat sich die Weltbevölkerung mehr als verdoppelt.

Deshalb muss die Menschheit dafür Sorge tragen, dass sie – neben der Vermeidung von Müll – den Müll verwertet – also recycelt und was nicht in Recycling- bzw. Verwertungsanglagen recycelbar ist, wie zum Beispiel Schlacken, sicher deponiert wird.

Aber eins nach dem anderen – Abfall ist nicht gleich Abfall!

Abfälle werden nach den Vorgaben des Bundesumweltamts in folgende Kategorien grob unterteilt:

  • Bau- und Abbruchabfälle
  • Gewerbeabfälle
  • Bergbauabfälle
  • Siedlungsabfälle

Als Siedlungsabfall bezeichnet man Abfälle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen, zum Beispiel Abfälle aus Arzt- und Rechtsanwaltspraxen, Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie hausmüllähnliche Abfälle aus Gewerbe und Industrie.

Unser Schwerpunkt in diesem Beitrag liegt auf dem Siedlungsabfall. Besonders hier gibt es Kunststoffe, die entweder recycelt oder verwertet werden können und falls nicht, deponiert werden müssen.

Denn: Laut Gesetz des Umweltbundesamtes muss der nicht verwertbare Anteil des anfallenden Abfalls unter Vermeidung von Umweltschäden und Gesundheitsbeeinträchtigungen für die Bürger beseitigt werden. Vor der endgültigen Ablagerung (= Deponierung) sind organische Abfälle (und das sind eben hauptsächlich Kunststoffe) grundsätzlich mechanisch-biologisch oder thermisch zu behandeln. Damit sollen sie unschädlich gemacht (das heißt inertisiert) werden.

Ziel muss es sein, aus Deponien weniger Sickerwässer (= Abfallwässer) und Deponiegase freizusetzen, da diese die Umwelt, insbesondere unserem Grundwasser und unserer Atmosphäre schaden, geradezu „vergiften“.

Das Aufkommen der haushaltstypischen Siedlungsabfälle in Deutschland stieg von 37,6 Mio. t im Jahr 2000 auf 44,4 Mio. t im Jahr 2018 stark an. Pro Einwohner waren das im Jahr 2000 noch 458 kg, 2018 waren es 535 kg/Erwachsenen. Diese Menge muss erst einmal bewältigt werden.

Die Aufteilung der haushaltstypischen Siedlungsabfälle ergibt sich aus der nachfolgenden Grafik.

Danach liegt der Hauptanteil bei dem klassischen Hausmüll.

Diese enormen Mengen an Müll kann man sich sehr gut visualisieren. In den einschlägigen Medien bzw. Printmedien gibt es „unendlich“ viele Bilder, die immer das gleiche Problem darstellen, wie eben auch in der Abbildung 1 gezeigt, nämlich Müllhalden bzw. „Kunststoffabfälle ohne Ende“. Das sind gerne benutzte Eyecatcher, die einem sofort das Müllproblem vor Augen führen.

Abb. 1: Mülldeponien bzw. besser gesagt Müllhalde, Quelle: Adobe Stock, Perytskyy

Jedoch ist seit Mitte 2005 ist die Deponierung nicht vorbehandelter organischer Abfälle nicht mehr zulässig.


Die Deponie, dient somit der gesammelten Ablagerung von Abfällen (unter anderem Hausmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, Bauabfällen, Sondermüll…) und ist nach dem Wasserhaushalts-gesetz (WHG) so anzulegen, dass das Grundwasser durch ihren Einfluss nicht nachteilig verändert wird.


Die Vorteile von Deponien sind schnell benannt. Es ist eine kostengünstige Art der Abfallentsorgung und leider in vielen Fällen momentan schlicht und ergreifend die einzige Möglichkeit. Denn es gibt leider noch immer viele Materialien, die nicht recycelbar sind. Auch wenn diese im Heizkraftwerk bzw. Müllverbrennungsanlagen zur Energieerzeugung genutzt werden, so bleibt nach der Verbrennung die Schlacke und der Filterstaub zurück. Beides ist nicht mehr weiterverwertbar und findet somit zwangsläufig seinen Weg auf die Deponien.


Ein weiterer möglicher Vorteil von Deponien, besteht darin, dass die darin vorhandenen Rohstoffe unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufbereitet und genutzt werden können (Urban Mining). Vorausgesetzt, es werden effektive Techniken dafür entwickelt, die dies ermöglichen. Dies trifft vor allem bei Müll zu, der zuvor nicht verbrannt wurde und in seiner Urform gelagert wird – also auf Deponien, die in den 60er bis 90er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden.


Der jeweilige Deponiestandort sowie das dazugehörige Deponiekonzept werden durch geologische und hydrogeologische sowie infrastrukturelle Gegebenheiten bestimmt. Ein weiterer Faktor ist die stoffliche Zusammensetzung des Mülls und sein Gefährdungspotential für die Umwelt. Dazu teilt man die Deponien in unterschiedliche Deponieklassen ein.


Und jetzt kommen wir zur Kernfrage, wenn doch Kunststoffe in Form von Abfall unser weltumspannendes Problem ist, wie können dann Kunststoffe dabei helfen, das Problem der Umweltverschmutzung in den Griff zu bekommen? Das ist doch eigentlich ein Widerspruch in sich, oder?


Im Laufe der Zeit kann sich Abfall und somit auch Kunststoffabfall durch die Einwirkung von Temperatur und Druck langsam zersetzen. Die Zersetzungsprodukte können unserem Grundwasser schaden. Es muss also vermieden werden, dass diese Zersetzungsprodukte in das Grundwasser gelangen. Genauso wie eine Verschmutzung durch Reinigungs- und Lösungsmittelreste sowie giftige Substanzen, die sich als Wandanhaftungen in leeren Behältern befinden können.


Die Umwelt und somit das Grundwasser benötigen sozusagen ein Schutzschild, wissenschaftlich ausgesprochen, eine Barriere gegen diese Zersetzungsprodukte. Diese Barrieren bilden bestimmte Kunststoffe aus, die wir noch näher kennenlernen werden.


Eine umweltverträgliche Deponierung wird durch eine Vielzahl technischer Maßnahmen bewirkt. Hierfür wurde 1986 das Multibarrierenkonzept entwickelt. Weitere wichtige Elemente für eine das Gemeinwohl nicht belastende Deponierung von Abfällen sind die Überwachung, Erfassung, Sammlung, Reinigung und Beseitigung bzw. Verwertung der Zersetzungsprodukte in Form von Deponiesickerwasser und Deponiegas.


Das sogenannte Deponiesickerwasser darf auf keinen Fall ins Grundwasser gelangen; es wird in speziellen Drainagen abgefangen und gesammelt.


Das Multibarrierenkonzept besteht aus mehreren Sicherungssystemen, die unabhängig voneinander wirken und somit Umweltschäden auch dann noch verhindern, wenn eine Barriere versagt. Das nachfolgende Schaubild (Abbildung 2) zeigt auf einfache Weise das Konzept.

Die schädliche Beeinträchtigung von Grundwasser durch verunreinigtes Deponiesickerwasser soll durch die Errichtung einer wirksamen, dichten, dauerhaften, widerstandfähigen und funktionstüchtigen Deponiebasisabdichtung verhindert werden.


Diese Deponieabdichtungen werden durch Kunststoffe realisiert!


Die eingesetzten Kunststoffe müssen natürlich den Anforderungen einer Deponierung der sogenannten Deponieverordnung entsprechen. Diese sind durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) geregelt.

Zulassungsgegenstand sind Kunststoffdichtungsbahnen als Konvektionssperre für Basis- und Oberflächenabdichtungen von Deponien (siehe Abbildung 2). Beim Herstellen der Abdichtungskomponente müssen die Dichtungsbahnen durch Schweißen nach dem Stand der Technik sicher verbunden werden. Nur so kann verhindert werden, das Wasser aufgrund von Kapillarkräften oder hydrostatischem Druck und Wurzeln die Dichtung durchdringt.
Die zur Zulassung kommenden Dichtungsbahnen haben eine Reihe von Anforderungen zu erfüllen, die – nur teilweise – in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet sind:

Tabelle 1: Anforderungen an Dichtungsbahnen

Tabelle 1 gibt nur einen Überblick über die Anforderungen an Kunststoffabdichtungssysteme für Deponien. Die genauen Anforderungen inkl. Spezifikationen, Kennzahlen, Prüfgrößen und Prüfvorschriften sind aus der BAM – Richtlinie für die Zulassung von Kunststoffdichtungsbahnen
für Deponieabdichtungen zu erfahren (https://tes.bam.de/TES/Content/DE/Downloads/rili_zul_kunststoffdichtungsbahnen.html).

Obwohl das Anforderungsprofil sehr komplex ist, besteht die zu über 90% eingesetzte Abdichtungsbahn aus einem Polymer, nämlich Polyethylen (PE), in diesem Falle um ein spezielles PE mit hoher Dichte, was über das Kürzel PE-HD (high density) ausgedrückt wird.
Stellvertretend für viele Firmen siehst du auf Abbildung 3 die Verlegung der PE-Folien von der Firma Naue.

Dieses Oberflächenabdichtungssystem wird im Anschluss begrünt.

 

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